Definition
Unter Legasthenie (Lese-Rechtschreibstörung) versteht man eine Störung, welche das Erlernen der Lese- und Rechtschreibfähigkeiten erheblich erschwert und von der etwa 4-8% der Kinder und Jugendlichen betroffen sind. Legasthenie ist keine Folge von unzureichender Beschulung, Intelligenzminderung oder einer psychischen oder neurologischen Erkrankung. Viel mehr ist aufgrund neuester Studien von einer genetischen Disposition bei der Entwicklung einer Lese- Rechtschreibstörung auszugehen, welche zu Defiziten in der Sprachwahrnehmung und -verarbeitung führt. Insgesamt wird von einem komplexen Zusammenspiel unterschiedlichster Ursachen bei der Entstehung einer Legasthenie ausgegangen.
Die Lese- Rechtschreibstörung (LRS) wurde von der WHO in das internationale Klassifikationssystem ICD-10 aufgenommen und zählt zu den umschriebenen Entwicklungsstörungen der schulischen Fertigkeiten. Das ICD-10 unterscheidet zwischen einer "Lese- und Rechtschreibstörung" und einer "Isolierten Rechtschreibstörung". Die Lese-Rechtschreibschwäche stellt eine abgeschwächte Form der Lese-Rechtschreibstörung dar.
Um eine LRS diagnostizieren zu können, ist eine umfangreiche klinisch-psychologische Diagnostik nötig, welche neben Explorations- und Anamnesegespräch eine Intelligenzabklärung und die Durchführung mehrerer standardisierter Lese- und Rechtschreibtests erfordert. Das Feststellen einer LRS ist erst ab Ende der 2. Klasse möglich, jedoch können bereits ab dem Vorschulalter Vorläuferfähigkeiten für den Schriftspracherwerb erfasst werden und ein mögliches Risiko für die Entwicklung einer LRS festgestellt werden.
Anders als häufig angenommen, wächst sich eine LRS im Erwachsenenalter nicht aus. Umso wichtiger ist es daher, frühzeitig Interventionen einzuleiten, um Kindern und Jugendlichen positive Lernerfahrungen im Bereich des Lesens und Schreibens zu ermöglichen.
Symptome und Erscheinungsbild der Legasthenie
Mögliche Symptome der Lese-Rechtschreibstörung/Lese-Rechtschreibschwäche können sein:
Rechtschreiben
- eine Schwäche in der phonologischen Bewusstheit
- Buchstaben werden verwechselt oder ausgelassen
- Wörter werden immer wieder anders geschrieben
- geübte Wörter werden schnell vergessen
- orthographische Regeln werden nicht erfasst (schb statt sp)
- ...
Lesen
- Schwierigkeiten bei der Lautzuordnung
- Schwierigkeiten beim Zusammenschleifen
- sehr langsames Lesetempo
- Fähigkeit zum sinnerfassenden Lesen oft eingeschränkt
- Buchstaben können nicht sicher identifiziert werden
- Raten von Wörtern
- häufiges Verlesen
- starke Abneigung gegenüber dem Lesen
- ...
Therapie
Lese- und Rechtschreibprobleme können sehr langandauernd sein und ohne geeignete Behandlung an Schwere zunehmen. Bei einem strukturierten Lese- und Rechtschreibtraining werden mittels gezielten Übungen und Methoden und unter Berücksichtigung der psychischen Situation des Kindes, die Lese- und Rechtschreibfertigkeiten trainiert. Um auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes bestmöglich eingehen zu können, eignet sich am besten ein Einzeltraining.
Wichtig: Eine Lese- und Rechtschreibstörung ist nicht heilbar! Legasthene Kinder und Erwachsene können jedoch lernen, an ihren Defiziten zu arbeiten und ihre Motivation und ihren Selbstwert zu steigen, um ihre Lesekompetenz und ihre Rechtschreibleistungen zu verbessern.
INFORMATIONSLINKS
BUCHEMPFEHLUNGEN FÜR ELTERN
Naegele, I.:
Praxisbuch LRS. Hürden beim Schriftspracherwerb erkennen - vermeiden - überwinden. Mit Online-Materialien
Beltz-Verlag, 2013
Suchodoletz, Waldemar von:
Lese-Rechtschreib-Störung (LRS) Fragen und Antworten: Eine Orientierungshilfe für Betroffene, Eltern und Lehrer.
Kohlhammer Verlag, 2007
Schulte-Körne, G.:
Ratgeber Legasthenie Frühzeitig erkennen. Richtig reagieren. Gezielt behandeln
Droemer Knaur, 2009